Alles aus Liebe - Tim Vantol supportet Die Toten Hosen in Köln - 10.06.2022 (TEIL 3)

Wer glaubt, dass nach getaner Arbeit nur noch Chillen und Musikhören angesagt ist, hat sich geschnitten. Zwar habe ich mir aus Vorfreude auf den nächsten Act zum Abendessen Sprühsahne mit Fischstäbchen gegönnt, jedoch erlebe ich leider nur wenige Minuten dieser Band.

Feine Sahne Fischfilet spielen von 19:05 Uhr bis 19:50 Uhr während wir den langen Laufweg zum Nordausgang des Stadions beschreiten, um die Lage am Merchandise-Stand auszuchecken. Glücklicherweise erhasche ich das ein oder andere Foto aus der Distanz. Das Stadion ist inzwischen voll und die Band hat das Publikum fest im Griff. Während ich zwei weitere Bilder mache, sind Tim und die Band schon weitergelaufen. Ich denke mir nur: „Ich bin komplett im Arsch, weiß nicht wohin mit mir. Ich bin komplett im Arsch, keine Ahnung wie es weiter geht!“.

Ich erspähe Sauros markante Frise von einem der wenigen, die in Richtung Stadionausgang strömen und weiß nun doch, wie’s weiter geht. Ich laufe hinterher und ärgere mich, dass ich meine Fitness-Uhr nicht trage. Die 200% Medaille wäre mir sicher gewesen.

Draußen sitzen noch die ein oder anderen Hosenfans, die sich mit Pommes stärken und schon mal mit Merch eindecken, um die später nass geschwitzten Klamotten wechseln zu können. Andere tanken Kraft auf dem Rasen. Es ist buchstäblich die Ruhe vor der Sturmfrisur!

Nach der Stippvisite am Merch wird es nun Zeit, sich wieder zurück ins Stadion zu begeben. Der Change-Over auf der Bühne ist bereits in vollem Gange. Wir füllen noch kurz unsere Becher im Backstage mit zuckrigen Limonaden auf und stehen pünktlich zum Konzertintro der 40 Jahre Jubiläumstour der Toten Hosen mitten im Stadion.Ich fühle mich erinnert an einen Quentin Tarantino Film und als die Hosen mit der Energie von zwanzigjährigen Halbstarken auf die Bühne stürmen und dem Publikum „Alle sagen das“ um die Ohren schmettern, wird schnell klar: Hier wird nicht lange gefackelt. Wer jetzt noch nicht auf Betriebstemperatur ist, muss mit einem Kaltstart in 5 Sekunden von Null auf Hundert ein über zweistündiges Stockcar-Racing überstehen.

Die Setlist ist die Beerenauslese aus über 40 Jahren, wobei die Songs mitnichten edelfaul sondern gut gereifte und schmackhafte Klassiker der Deutschpunk-Südhanglage sind. Während Tim zwischen Arbeiten und Zuhören schwankt, versuche ich die ein oder andere Perspektive dieses Punk-Tsunamis einzufangen.

Behangen mit meinem Fotoequipment setze ich mich irgendwann edelfaul auf einen freien Platz im Rang und genieße jeden Moment. So muss Campino sich fühlen, wenn er Liverpool Spiele erlebt. Da ich aber mit Feldhockey nicht wirklich viel anfangen kann, ist dies nur eine Vermutung.

Obwohl die Show stolze 135 Minuten dauert, ist die Zeit rasend schnell vorbei. Während die Crowd geordnet aus dem Stadion strömt, erfrische ich mich im Backstage und wundere mich, wo alle sind. Eine Kurznachricht auf dem Handy verrät mir, dass wir uns am Merch treffen. Dort stoßen wir auf alte Freunde aus Düsseldorf, quatschen über vergangene Zeiten und können alle nicht glauben, was heute eigentlich abgegangen ist. Neben uns werden Fotos mit den Leoniden gemacht und als der Menschenstrom weniger und weniger wird, ist es an der Zeit, den Merch zum Südparkplatz zu bringen.

Ich bekomme das kleinste aber schwerste Paket ohne Rollen. Als wir am Auto ankommen, bin ich mir sicher, dass ich auch die 300% Medaille bekommen hätte. Wir werden es nie erfahren.

Völlig ausgelaugt, stinkend und verschwitzt entscheide ich mich gegen die Aftershowparty, sacke in den Sitz meines Autos und fahre mit unterhöhter Geschwindigkeit zurück nach Düsseldorf. Wenige Tage später stellt sich raus, dass die Hinfahrt am Morgen nach Köln mit etwas überhöhter Geschwindigkeit stattgefunden haben muss. Ich stelle mir die Frage, ob ich für die Rückfahrt irgendwann ein Guthaben ausbezahlt bekomme und überweise der Stadt Düsseldorf widerwillig 50 EUR.