Alles aus Liebe - Tim Vantol supportet Die Toten Hosen in Köln - 10.06.2022 (TEIL 2)

Der Tonmann macht einen vorzüglichen Job und am liebsten würde ich mich mit einem Becher Bier in die Mitte des Stadions setzen und Tim sagen, dass ich zur Beurteilung der Soundqualität noch etwas mehr Zeit, so ca. 45 Min, benötige. Da aber wie bereits beschrieben hier alles sehr sehr professionell ist und ich wahrscheinlich der Letzte bin, auf den man am heutigen Tage hier hören würde, ist der Soundcheck schneller vorbei als mir lieb ist.

Zurück im Backstage angekommen ist es inzwischen fast Bier Uhr! Um genau zu sein, ist es zehn vor Bier. Aber wenn es einen Vorteil hat Punk zu sein, dann der, dass die Uhrzeit eigentlich irrelevant ist, wenn’s um’s Biertrinken geht. Und so genieße ich ein kühles Hosen Hell im Dopingkontrollraum des Rheinenergie Stadions, während die Band sich ins Bühnenoutfit schmeißt.

Nachdem Tims Bassist Sauro Locchi aus dem Badezimmer kommt und uns darüber informiert, dass es eine gute und eine schlechte Nachricht gibt, deren Inhalte er uns anschließend feierlich mitteilt, verschlucke ich mich vor Lachen fast am Bier und beschließe bestimmte Bereiche des Stadions ab nun zu vermeiden.

Obwohl der Tag erst seit fünf Stunden mit einem Wahnsinnstempo an mir vorbei rauscht, fühle ich mich jetzt schon, als wäre ich seit einer Woche mit der 12b des Hoofddorper Musikgymnasiums auf Klassenfahrt. Ich sauge die Momente mit meinem Momentstaubsauger auf und würde am liebsten jetzt schon erste Bilder mit euch teilen. Dies muss aber noch warten, da ich vor wenigen Minuten darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass noch dringend aktuelle Bandfotos benötigt werden, die zukünftig für offizielle Social Media Posts, Konzertankündigungen und Festival-Lineups verwendet werden sollen - jetzt!

Vorteil dieser Kurzfristigkeit ist natürlich, dass ich mir nicht tagelang Gedanken über Setting, Location, Look, Posing, Equipment, Perspektive, Brennweite, Verschlusszeit, Available Light vs. Blitz, Reflektoren oder sogar die zeitliche Planung des aufwendigen Shootings mache! Kleiner Nachteil ist, DASS ICH FÜR DIE NÄCHSTE HALBE STUNDE ERHEBLICH UNTER DRUCK STEHE!!!!1!11!!!

Das Shooting wird dadurch etwas entspannter, dass Campino und Andi uns noch am ausgewählten Shooting-Spot über den Weg laufen, ein bisschen mit uns quatschen und ca. 10 Toten Hosen Crew-Mitglieder das bunte Treiben des Shootings aufmerksam beobachten und flüsternd und kichernd zu uns rüberwinken. Hier macht sich natürlich der langjährige Unternehmensberaterskill bezahlt, bei völliger Ahnungslosigkeit absolut kompetent und sicher zu wirken. In your face :)

Keine Gelegenheit darüber nachzudenken, ob wir alles im Kasten haben oder nicht, ist es nun an der Zeit die letzten Details der Show im Backstageraum durchzusprechen und den obligatorischen Band-Aufheizer-Drink zu zelebrieren. Die Setlist wird noch mal Song für Song durchgesprochen, Songübergänge werden skizziert und mir wird erst jetzt klar, dass nur sechs Songs auf dem DIN A4 Zettel stehen. Ein Blick auf den Timetable verrät, dass Tim 30 Minuten Zeit hat, das Publikum auf Betriebstemperatur zu bringen.

Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass die Wege in so einem großen Stadion etwas länger sind als in einem Club, in den 400 Leute reinpassen? Als Tim heute vormittag „mal kurz zum Merch-Stand“ laufen wollte, war er ganze 40 Minuten weg, während der Rest der Band Verstärker und Schlagzeug aufgebaut hat. Ich gehe also schon mal gedanklich Perspektiven und Ablauf des Konzertes durch und entscheide mich dazu, mich jetzt noch nicht zu entscheiden, worauf ich ggf. verzichte.

Und dann ist es soweit. Wir werden vom Tour-Management abgeholt und durch unterirdische Katakomben des Stadions geführt, um unbemerkt vom Backstage-Raum zur Bühne zu gelangen. Der Weg führt vorbei an parkenden Autos und strategisch positioniertem Sicherheitspersonal, bis wir schließlich am Bühnenseitenrand stehen und Andi von Die Toten Hosen Tim Vantol ankündigt. Die Band stürmt auf die Bühne, ich springe wie ein Schattenkrieger unbemerkt hinterher und innerhalb von 2 Minuten ist die halbe Stunde vorbei. Wäre Einstein damals nicht schon auf dieses Ding mit der Relativität gestoßen, hätte ich spätesten jetzt auf dieses Phänomen hingewiesen. Mir bleibt im Gedächtnis, dass das Publikum großartig mitsingt und den Tag genauso zu genießen scheint wie alle hier in diesem großen Haus!

Nach der Show sind alle erschöpft und hungrig. Da der Hunger und die Müdigkeit später aber auch noch da sind, entscheiden wir uns, zunächst die Bühne vom Band-Equipment zu befreien und Platz für die großartigen Leoniden zu machen.

Glücklich und zufrieden begeben wir uns ins Cateringzelt und genießen die köstlichen Speisen. Wir fühlen uns wie im Himmel und nur der Fotograf wundert sich, wo denn diese zwei berühmten belegten Brote zu finden sind, die gegen Ohrwürmer helfen.

Nach dem Abendessen bleibt zum Glück noch etwas Zeit, die letzten Minuten der Leoniden-Show zu sehen. Auch diese gehen schneller vorbei als mir lieb ist.

[Fortsetzung folgt]