JuWi Fest - Münster 07.06.2018

Beruflich bin ich regelmäßig im Emsland unterwegs. In der Regel fangen meine Termine dort um 09:00 Uhr morgens an. Heißt: ich sollte spätestens um 07:00 Uhr auf der Bahn sein. Dies wiederum führt dazu, dass ich mitten in der Nacht um ca. 05:50 Uhr (in Worten: fünf Uhr fünfzig) aufstehen muss. Die Zeit von 1 Std. 10 Min zum Fertigmachen ist leider erforderlich. Ich schlafwandle direkt zur Kaffeemaschine, setze mich aufs Sofa, trinke den Kaffee und bemitleide mich wg. des frühen Aufstehens ca. 50 Min. lang selbst. Die restlichen 20 Min. reichen aus für hektisches duschen, Zähne putzen, Hemd bügeln, anziehen, Tasche packen und Müsli zusammenmischen.

An diesem Tag benötige ich zusätzlich sogar noch die komplette Fotoausrüstung, denn meine lieben Freunde von Itchy haben zu einem kleinen Tanzball geladen und zwar im schönen Münster, organisiert von Studierenden der Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften und Jura. Die Tanzveranstaltung heißt daher auch JuWi Fest Münster, das inzwischen mit ca. 5.000 Besuchern eines der größten von Studierenden organisierte Musikfestival ist.

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Nach einem langen und anstrengenden Arbeitstag fahre ich also aus Niedersachsen nach Münster. Das Wetter ist so wunderbar, dass ich das Cabriolet-Verdeck öffne, mein Gesicht mit Sonnencreme benetze und den CD-Player meines 15 Jahre alten Autos mit einer Itchy CD füttere. Vor den Toren Münsters braut sich plötzlich und nach ca. 45 Min. Sonnenschein ein übles Unwetter zusammen, sodass ich kurzerhand in einer Bushaltestellenbucht das Verdeck schließe. Nach ungefähr 10m meiner Weiterfahrt weint sich der Münsteraner Himmel mit voller Inbrunst aus. Die letzten Kilometer fahre ich wegen schlechter Sicht mit Schritttempo weiter. Auf dem Parkplatz des Schlosseplatzes bleibe ich zudem 15 Minuten im Auto sitzen und genieße den Anblick der schönen Fahrradstadt bzw. der vielen Radfahrer, die vollkommen durchnässt durch den Platzregen fahren.

Irgendwann ist der Spuk vorbei, ich hänge zwei schwere und volle Taschen über meine Schultern und marschiere suchenderweise, gekleidet mit Hemd und Schlips durch die schwüle, 27 Grad warme aber nasse Innenstadt Münsters.

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Nach drei Fehlnavigationen hänge ich mich an einen Studenten ran, der glaubt den Weg zu kennen und tatsächlich lande ich irgendwann schweißgebadet beim Eingang der Gästeliste. Hier bewacht Elyas M'Barek persönlich den Eingang. Nach einem netten Plausch und kurzer Abstimmung mit dem Sicherheitschef per Funk werde ich unkompliziert reingelassen, NICHT! Scheinbar bin ich nicht gelistet. Nachdem ich gefragt werde, ob mir in dem Outfit nicht heiß sei, werde ich zum 200m entfernten Eingang geschickt, wo alles Weitere geklärt werden soll. Irgendwann erhalte ich einen provisorischen AAA Ausweis und darf das Gelände betreten.

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Prompt läuft mir Sibbi in die Arme, der mich im Businesscasper-Dress nicht ansatzweise erkennt. Nach einem heftigen Boxhieb gegen seine Schulter kann auch er mich nicht mehr ignorieren und eine herzliche Begrüßung folgt. Persönlich geleitet er mich zum Catering und Dressingroom und ich tausche nass geschwitztes Business- gegen noch trockenes Bühnenarbeiteroutfit,

Diese Wohlfühlsituation trockener Kleidung hält ca. 17 Min. Beim Inspizieren der Bühnensituation höre ich nur: Tönni, du wolltest doch schon immer Backliner sein! Leg los! Da ich den Jungs nichts abschlagen kann, lege ich los. Endlich zahlt sich jahrelanges Krafttraining aus und ich jongliere die schweren Amps auf die Bühne wie Obelix die Hinkelsteine ins gallische Dorf. Die Orga des Festivals ist so wunderbar chaotisch, dass selbst die Band zwischen Tür und AStA frische Saiten auf die Instrumente zieht... Das hab ich ja noch nie gesehen!!

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Auf der Bühne planlos rumstehende Studenten und Vorbands werden von mir mit klaren aber bestimmten Ansagen koordiniert und in weniger als 30 Min. steht der Laden. Zwischendurch lasse ich noch mit feinsten schauspielerischen Qualitäten ein energisches 'BITTE DIE LAUFWEGE FREIHALTEN' fallen und ernte ein kleinlautes 'oh ja, Entschuldigung' - So macht das Spaß :)

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Es bleibt wenig Zeit für Soundcheck und da die Show bald beginnt, hole ich nass geschwitzt mein Fotoequipment im 250m entfernten Backstageraum..

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Das viele Fahrradfahren scheint den Münsteranern gut zu tun, denn das Publikum sieht überdurchschnittlich gut, erholt und gesund aus und lässt sich auch nicht von riesengroßen Pfützen vor der Bühne von einer großartigen Party abhalten.

Die Show verläuft nach dem Aufbau-Chaos erstaunlicherweise ohne Pannen und der Tumult vom Aufbau ist mit dem ersten Akkord vergessen.

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Es ist überaus schön zu sehen, dass zukünftige Jura- und Wirtschaftsexperten gute, handgemachte Punkmusik feiern, in Pfützen springen und mitschreien! Danke dafür liebe Münsteraner, danke liebe Itchys für ein Hammer-Campus-Konzert!

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Ach ja, folgende Tatsache verdeutlicht das Orgageschick des Veranstalters übrigens ganz gut. Nach dem Konzert verabredet sich die Band wie immer auf ein paar Bier am Merch. Später stellt sich raus, dass weder Band noch Publikum den Merch gefunden haben, sodass an diesem Abend rekordverdächtig nur ein einziges Shirt verkauft wird. Zur Sicherheit kaufe ich beim nächsten Mal lieber auch ein Shirt, um den Tagesumsatz um 100% zu steigern - Beraterqualitäten par excellence - Irgendwann kommt halt auch mal die Zeit etwas zurückzugeben :)

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Um ca. 00:00 Uhr fahre ich nach Hause und liege gegen 03:00 Uhr im Bett. Noch ca. 4 Std. Zeit bis zum nächsten Arbeitstag.

Cheers!
Sebastian